22
Mai 2013

B-Vitamine und ihre Bedeutung bei Demenz und Alzheimer

Thema: Gesundheit & Politik
Ammonit, Foto: Böhringer Friedrich

Die Überschrift dieses Beitrages ist bewusst sachlich gehalten. Es ging mir um größtmögliche Wirkung dieses Beitrages. Wirkung, nicht Aufmerksamkeit. Wenn es das Ziel gewesen wäre, mit diesem Beitrag Wellen zu schlagen, hätte dieser Beitrag eine andere Headline gebraucht. Etwa so: Sorgen Pharma-Interessen dafür, dass Demenzkranke keine Hilfe bekommen?
Worum geht es? Wie so oft, mehren sich die Anzeichen, dass Vitalstoffe wichtige Funktionen nicht nur für die Prävention, sondern auch für die Therapie von Erkrankten übernehmen. An vielen Stellen, auch auf dieser Plattform ist es dann ein Kampf gegen Vorurteile. Evidenzbasierte Medizin, lautet das Stichwort. Es fehle an Beweisen, dass Mikronährstoffe, also Vitamine, Mineralien, Spurenelemente, Fett- und Aminosäuren, tatsächlich therapeutische Wirkungen besitzen. Randomisierte Doppelblindstudien (RCT) gelten als der Königsweg, um den therapeutischen Nutzen eines Wirkstoffs zu belegen. Da Mikronährstoffe in der Natur, auch in menschlichen Zellen, im Verbund wirken, ist es unglaublich teuer und aufwändig, solche Randomisierten Doppelblindstudien für Vitalstoffe durchzuführen. Fast könnte man meinen, es ist unmöglich, weil die Anzahl der Faktoren, die zusammen wirken, und damit die Komplexität der Studie, zu groß ist, um sie in RCT-Studien abzubilden.
Nun legen zwei namhafte Organisationen solche Studien vor, die zeigen, dass Vitamin B eine zentrale und starke Rolle in der Therapie von Demenz und Alzheimer spielen. Doch nichts passiert. Es wird weiter davor gewarnt, B-Vitamine in hoher Dosierung zu verwenden. Und es werden weiter Millionen in die Erforschung von patentierten Medikamenten investiert, die nicht einmal ansatzweise jene Erfolge vorweisen können, wie sie gestern im renommierten Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences publiziert wurden.
Wissenschaftler der Universität Oxford haben darin gezeigt, dass die Gabe von nur drei B-Vitaminen (Folsäure, B6 und B12) den Zerfall von jenen Gehirnregionen um mehr als das Siebenfache verlangsamt, die von Demenzerkrankungen/Alzheimer angegriffen und zerstört werden. Eine solche Wirkung hat bislang kein einziges auf dem Markt verwendetes Medikament auch nur ansatzweise vorweisen können.
Die Forscher bestätigten mit dieser Studie ältere Erkenntnisse zum Nutzen von Vitamin B bei leichter Demenz des Oxford-Pharmakologen David Smith. Ihm war es jahrelang nicht gelungen, Forschungsmittel zu erhalten, die seine damaligen und bereits vielversprechenden Ergebnisse möglicherweise früher erhärtet und zum Wohle von Patienten einsetzbar gemacht hätten, schreibt der preisgekrönte Medizinjournalist Jerome Burne.
Auch jetzt wird immer noch nach weiteren Forschungen zu Vitamin B gerufen. Doch obwohl es sich – spätestens seit vorliegen dieser neuen Studie aus Oxford – um die bei weitem erfolgreichsten Ergebnisse zur Behandlung von Demenzkranken handelt, werden weiterhin Millionen in die Erprobung von synthetischen Medikamenten mit zum Teil erheblichen Nebenwirkungen investiert – und nicht in die viel versprechende Erforschung von Vitamin B durch Ausweitung und Verfeinerung des vorgelegten Studiendesigns.
Auch in Deutschland wird die Bedeutung von Vitaminen für die Behandlung von Alzheimer weiterhin nicht anerkannt. Eine Stellungnahme zu den jüngsten Forschungsergebnissen aus Oxford war bis dato von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (DAlzG) nicht zu erhalten. Auf ihrer Website findet sich lediglich der Hinweis auf eine ältere Studie aus dem Jahr 2008, wonach Vitamin B wirkungslos sei und daher nicht eingesetzt werden solle.
Es ist tragisch für alle Betroffenen, dass sich eine Selbsthilfeorganisation so kategorisch verschliesst. Ein Blick in die Studien würde zeigen,

  • dass die Ergebnisse beider Untersuchungen nicht widersprüchlich sein müssten, sondern einander sogar bestätigen könnten, und
  • dass die Ausweitung der Forschung zu Behandlungsmöglichkeiten mit Vitamin B aus diesem Grund ein wichtiger und sinnvoller nächste Schritt wäre.

Denn während die Untersuchung, auf die sich die DAlzG bezieht, ihre Schlussfolgerung auf eine nur 18monatige Studiendauer stützt und im übrigen sehr wohl eine positive Wirkung festellt in Form der Senkung des kritischen Homocysteinspiegels, ohne dass die Zerstörung der betroffenen Grauen Masse im Gehirn signifikant gehemmt worden wäre, ist genau das die zentrale Erkenntnis der aktuellen Studie aus Oxford. Letztere wurde über 2 Jahre durchgeführt, was eine Bestätigung sein könnte für die lange bekannte Erkenntnis, dass die Therapie mit Mikronährstoffen nicht nur mit ausreichend hoher Dosierung, sondern auch über einen hinreichend langen Zeitraum erfolgen muss, um ihre Wirksamkeit zu zeigen.

Von einem Bewusstsein für diese quasi „natürlichen“ Hintergründe von Demenz und Alzheimer ist bei der DAlzG jedoch wenig zu spüren. Nicht nur verhält sie sich sehr zurückhaltend zu den Behandlungsmöglichkeiten durch Einsatz von Vitalstoffen. Auch das Thema Prävention ist in dieser Hinsicht eine Enttäuschung: Auf die Frage „Gibt es eine Vorbeugung“ ist bei der DAlzG nicht nur kein Hinweis auf Vitamin B zu finden. Es fehlt auch jeder Hinweis auf Homocystein als Riskofaktor für Demenz und damit Alzheimer. 16 Prozent aller Menschen über 70 Jahren leiden an milden Formen von Demenz, die Hälfte davon entwickelt später Alzheimer. Wäre das nicht ein Grund, die Bedeutung eines moderaten Homocystein-Spiegels im Bereich Vorbeugung zu erwähnen? Oder geschieht das nicht, weil dann Fragen nach der Bedeutung von Vitamin B für den Zerfall des Gehirns zu erwarten sind?

Ich bin gespannt auf die Antworten der DAlzG.

Foto von böhringer friedrich (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-2.5 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia Commons


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