25
Nov 2014

Man wundert sich …

Thema: Gesundheit & Politik

»Länger Leben dank Sonnenhormon« – Eine Schlagzeile, die aufhorchen lässt. Es geschieht nicht alle Tage, dass in der Tagespresse positiv über Vitalstoffe berichtet wird. Hier war es der Fall. Zumindest in der Überschrift und in weiten Teilen des Textes wird sehr positiv über die gesundheitsfördernde Wirkung von Vitamin D berichtet. Allein schon aus diesem Grund lohnt sich eine Beschäftigung mit diesem Artikel aus dem Tagesspiegel. Vielmehr als die Nachricht selbst („Menschen mit ausreichend Vitamin D im Blut erfreuen sich besserer Gesundheit als solche mit einem Mangel.„) ist der Aufbau des Berichtes von Interesse. Der verrät nämlich einiges über die Vieldeutigkeit der Wissenschaftlichen Erkenntnisse. Denn obwohl die Ergebnisse dänischer Forscher, über die der Tagesspiegel berichtet, einen klaren Zusammenhang zwischen einem hohen Vitamin-D-Spiegel und einer besseren Gesundheit nachweisen konnten, mussten die Forscher eine Einschränkung einbauen: Es sei unklar, ob der Zusammenhang ursächlich sei, oder lediglich eine Folge eines anderen, unerforschten Grundes. Es könne nicht ausgeschlossen werden, so heisst es in dem Bericht, „dass eine dritte Tatsache ein wichtige Rolle spielt. So ist Vitamin-D-Mangel häufig mit ungesundem Lebensstil verknüpft, der wiederum das höhere Krankheitsrisiko erklären kann.“ Ei oder Henne, was war zuerst da?

Nötig seinen „größere Studien, um präzisere Ergebnisse zu bekommen“, wird ein Potsdamer Forscher zitiert. Natürlich!
Ist es nicht komisch? Da zeigen immer mehr Studien, wie gesund Menschen sind, wenn sie einen hohen Vitalstoff-Status haben (Vitamin D ist in diesem Sinne hier nur ein Beispiel), doch daraus zu schliessen, dass ein niedriger Vitalstoffstatus gesundheitsschädlich sei, wäre „unwissenschaftlich“. Schliesslich könne es ja eine andere Ursache für die jeweils zugrunde liegende Krankheit geben.
Mir fällt dazu wenig ein.
Außer vielleicht dieses: Welchen Unterschied macht es, ob eine gute Vitalstoffversorgung die Ursache für ihre Gesundheit ist, oder die Folge? Sie sind gesund. Reicht das nicht?
Es ist traurig, dass sich Wissenschaftler immer noch nicht dazu durchringen können, eine Einnahme von Vitalstoffen zu empfehlen. Es könnte ja Zufall sein, dass Menschen mit mehr Vitaminen im Körper gesünder sind, als Menschen mit weniger. Könnte sein. Nachzuweisen, dass Vitamine vor Krankheiten schützen, sei nicht möglich. Na und?
Tatsächlich ist es sogar wahrscheinlich, dass Vitamine nicht im ursächlichen Sinne vor Krankheiten schützen. Ein solcher Kausalzusammenhang würde nämlich ein sehr mechanistisches Funktionieren des menschlichen Körpers voraussetzen. Faktor A ist für Ursache B verantwortlich und Faktor C für Ursache D. Genau diese Kausalität ist aber für natürliche Phänomene im Wortsinne zu einfach gedacht! Was ist, wenn es darum gar nicht geht, ob Vitamin C vor Grippe und Vitamin D vor Herzinfarkt schützt? Was ist, wenn es auf das Vorhandensein von sehr vielen Faktoren ankommt, damit diese Faktoren sich dort einreihen, wo sie als Co-Faktoren an den verschiedensten Prozessen beteiligt sind? Das würde bedeuten, es sind die Prozesse, die für die Entstehung von Krankheiten beteiligt sind. Nämlich dann, wenn sie nicht mehr funktionieren.
Es lässt sich viel besser positiv ausdrücken: Die Fähigkeit, sich gesund zu erhalten ist – wahrscheinlich – eine der wichtigsten Vital-Funktionen. Wäre doch logisch, dass für gute Widerstandsfähigkeit, für gute Selbst-Heilungs-Kräfte, entsprechend viele Stoffe notwendig sind. Vital? Stoffe? Viele? Viele Vitalstoffe sind gesünder. Klar, das ist völlig unwissenschaftlich gedacht. Völlig!

Manifester Vitalstoffmangel ist bei vielen ernsten Erkrankungen zu beobachten. So auch bei den Ebola-Patienten an der Emory-University
Manifester Vitalstoffmangel ist bei vielen ernsten Erkrankungen zu beobachten. So auch bei den Ebola-Patienten an der Emory-University
Gar nicht unwissenschaftlich ist es, dass Erkrankungen, selbst wenn sie Vitalstoffdefizite auslösen (anstatt durch sie ausgelöst zu werden) nicht ohne massive Intervention und Zufuhr von Vitalstoffen geheilt werden können. Das jedenfalls war der Fall bei der (zurzeit) schrecklichsten aller Krankheiten, Ebola. Wie Dr. Bruce Ribner, Chef der Ebola-Unit an der renommierten Emory-University in seinen „Lessons-learned“ mitteilte, konnten die dort geheilten Ebola-Patienten erst nach einer massiven Vitalstoffzufuhr gerettet werden. Ebenfalls nicht undenkbar ist die Hypothese, dass im Falle einer Erkrankung der Körper in ein Vitalstoffdefizit gerät, weil seine Selbstheilungskräfte einen entsprechend hohen Bedarf auslösen. Das Defizit könnte um so größer sein, je ernster die Erkrankung.
Ohne hier behaupten zu wollen, dass es einfache Lösungen für komplexe Erkrankungen durch die Gabe von Vitalstoffen gibt, lässt sich doch erkennen, dass kaum eine ernsthafte Erkrankung ohne eine ausreichende Zufuhr, auf jeden Fall keine ohne einen ausreichenden Status (Verfügbarkeit) von essentiellen Vitalstoffen im Körper überwunden werden kann.
Weshalb ist dann immer noch eine so große Zurückhaltung bei der Empfehlung von Vital- oder Mikronährstoffen zur Prävention vorherrschend? Man wundert sich…


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