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Mrz 2022

Umberto Eco, Dachau und was ‘es’ uns mahnt

Thema: Gesundheit & Politik

Deutschland im Jahr 2022. Während weltweit langsam dämmert, dass die Maßnahmen zur Abwehr der ”Coronavirus – Pandemie“ tatsächlich unverhältnismäßig waren und die als „einziger Weg zur Rückkehr zur Normalität“ gepriesenen „Impfstoffe“ versagt haben, wird Marion Schmidt, eine Referentin der KZ-Gedenkstätte Dachau, der ”Verharmlosung des Nationalsozialismus und seiner Opfer“ bezichtigt, weil sie eine „Faschisierung“ von Politik und Gesellschaft beklagte. Ihre Vorgesetzte, Dr. Gabriele Hammermann äußerte sich gegenüber der Presse so:

„Wenn Frau Schmidt nun äußert, dass die Corona-Maßnahmen zu der ,größten Faschistisierung seit der Gründung der Bundesrepublik’ geführt hätten, dann impliziert dies eine Verharmlosung des Nationalsozialismus und seiner Opfer. Und das ist inakzeptabel.“  — Dr. Gabriele Hammermann, Leiterin KZ-Gedenkstätte Dachau, im Münchner Merkur vom 4. März 2022

Presseberichten zufolge ist Marion Schmidt zunächst freigestellt. Über ihre berufliche Zukunft wird bereits spekuliert. Frau Schmidt bezeichnet sich selbst als ”Alt-Linke“ und ”Antifaschistin“. Dass ausgerechnet eine Antifaschistin den Nationalsozialismus verharmlosen sollte, erscheint ungewöhnlich. Der Blick auf die NS-Vergangenheit war in Dachau und Umgebung – die Metropole München lässt die S-Bahn bis nach Dachau fahren – jedoch schon früher ein wunder Punkt.  Als Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau hat Frau Dr. Hammermann selbst noch vor wenigen Jahren in einem BR-alpha-Interview enttäuscht über mangelnde Kooperationsbereitschaft der Bevölkerung rund um Dachau geklagt:

„Wir hatten gehofft, [für die Aufarbeitung der Lagergeschichte über die Erschiessungen von russischen Kriegsgefangenen] Zeitzeugen zu finden, die bereit gewesen wären, über ihre Erlebnisse und Erinnerungen zu berichten. Aber dem war leider nicht so.“ — Dr. Gabriele Hammermann, im BR-alpha-Interview vom 2.12.2013

Das Thema Umgang mit dem Faschismus und der daraus erwachsenden Verantwortung ist offensichtlich weiterhin problematisch. Dass angesichts ihrer eigenen Erfahrung die Leiterin der Gedenkstätte nun eine ihrer Referentinnen angreift, die angesichts der Erfahrungen im Umgang mit der Corona-Politik eine Demontage der Demokratie durch die „Politische Elite“ beklagte und in diesem Zusammenhang von der „größten Faschisierung seit Gründung der Bundesrepublik“ sprach, lässt also aufhorchen.

Die Art und Weise der Argumentation von Dr. Hammermann scheint allerdings die Beobachtung der Mitarbeiterin eher zu bestätigen: ohne jede nachvollziehbare Auseinandersetzung mit der Problematik oder den Aussagen der Kritikerin, greift die in wissenschaftlicher Differenzierung methodisch erfahrene Historikerin zu einer extremen Verkürzung und setzt die Kritik am Wiederaufleben von faschistischen Strukturen und Mechanismen in den politischen Strukturen der Bundesrepublik mit einer angeblichen ”Verharmlosung des Nationalsozialismus und seiner Opfer“ gleich.

Wer sich angesichts dieser Ausgrenzung (!) einer seit Jahrzehnten aktiven Antifaschistin (!) wundert, sollte bedenken, dass Frau Dr. Hammermann Angestellte der Stiftung Bayerische Gedenkstätten ist. Diese Stiftung ist finanziell und politisch abhängig von jener Politik im Freistaat Bayern, die Frau Schmidt scharf kritisiert für die“ Vertretung von Groß-Konzernen und Einrichtung eines Kontroll- und Überwachungsstaates„. Wollte sich die Leiterin der KZ-Gedenkstätte nicht selbst schuldig machen daran, das Wiederaufleben eines faschistischen Regimes in Deutschland zu übersehen und möglicherweise gar zu befördern , indem sie Kritik als „Verharmlosung des Nationalsozialismus und seiner Opfer“ delegitimiert, müsste sie zumindest begründen, was in den Worten der Kritikerin eine Verharmlosung darstellen sollte. Das geschieht jedoch bislang nicht.

Was mit Marion Schmidt in Dachau geschieht, erinnert unverkennbar an die Verleumdungen und Ausgrenzungen kommunistischer NS-Widerstandskämpfer und Antifaschisten in der frühen Bundesrepublik. Einer jener Widerstandskämpfer, der damals von einem Berufsverbot bedroht war, ist Ernst Grube, heute Kuratoriumsvorsitzender der Trägerstiftung bayerischer Gedenkstätten. Auch Grube hat sich seinen Einsatz gegen Alt-Nazis und Neo-Faschisten nie verbieten lassen, was ihn mit Marion Schmidt verbindet. Marion Schmidt soll nun ihren Einsatz und ihre deutlichen Worte ebenfalls mit beruflichen Repressalien bezahlen, was 2022 ausgerechnet jene Gedenkstättenleiterin öffentlich propagiert, die 2013 in jenem Fernsehinterview noch vor „Ausgrenzung von Minderheiten und Andersdenkenden aus der Mehrheitsgesellschaft“ warnte:

Der Punkt ist hierbei also nicht, dass Herr Grube als Opfer des NS-Faschismus und Frau Schmidt als Mahnerin vor neuem Faschismus auch im Hinblick auf Corona der selben Meinung sein müssten. Zu Corona kann man unterschiedlicher Meinung sein. Tatsächlich sind die Mitglieder der Lagergemeinschaft Dachau zumeist hochbetagt und Angehörige der Risikogruppe. Dass sie sich Schutz wüschen ist legitim und nachvollziehbar. Folglich heisst es in der jüngsten Mitteilung des Vereins:

”Als erstes richten wir an die Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung oder auch an andere Akteure die Bitte, in dieser enormen Gesundheitskrise den Überlebenden von Holocaust und nationalsozialistischer Verfolgung in besonderer Weise beizustehen. Sie sind als hochbetagte Menschen erst recht durch Covid19 in ihrem Leben bedroht.“ — Informationen der LG Dachau, Ausgabe 1/2021

Allerdings ist es legitim, über wirksamen Schutz und angemessene Maßnahmen ebenfalls unterschiedliche Auffassungen zu haben. Kritik an den freiheitsbeschränkenden und Grundrechtsfeindlichen Maßnahmen wie sie Frau Schmidt in ihrer Rede am 26. Januar äußerte, ist doch gerade keine Geringschätzung der Interessen der Überlebenden (Schutz vor Covid-19), und erst Recht keine Verharmlosung der NS-Diktatur. Marion Schmidt beklagt vor allem die Ausgrenzung und Delegitimierung Andersdenkender im Hinblick auf die Maßnahmen, welche gegen das Coronavirus ergriffen wurden. Diese Maßnahmen kann man als unverhältnismäßig und grundrechts- und auch demokratiefeindlich einschätzen, ohne den Schutz von Risikogruppen abzulehnen oder zu vernachlässigen. Die Autoren der Erklärung von Great Barrington tun das ebenso wie Praktiker und Experten, die sich für Frühbehandlung einsetzen. Es ist ein Grundprinzip der Demokratie, dass Schutzmaßnahmen wirksam und verhältnismäßig sein müssen. Zweifel daran, dass die weltweit weitgehend gleichgeschalteten Maßnahmen diese Kriterien erfüllen, müssen erlaubt sein. Dass sie stattdessen von Anfang an delegitimiert worden sind, stärkt die Position der Kritiker wie Frau Schmidt.

Marion Schmidt beklagt vor allem den Ausverkauf des Rechtsstaats durch politische Eliten, die sich multinationalen Konzerninteressen mehr verbunden zu fühlen scheinen als den Bedürfnissen einer heterogenen Bevölkerung in einer offenen, demokratischen Gesellschaft. Auch diese Zweifel, so politisch unangenehm sie auch sein mögen, sind legitim und begründen keine Verharmlosung des NS-Terrors.

Diese Warnung vor der Entstehung eines neuen Faschismus mit einer Verharmlosung des NS-Terrors gleichzusetzen, ist daher kaum anders denn als „böswillig“ zu werten.

Was ist Faschismus?

Um zu verstehen, wo das Problem liegt, scheint ein Blick auf die Defintion des Faschismus-Bergiffs zu lohnen. Das erste faschistische Regime kam 1922 in Italien unter Mussolini zustande. Fascio war zunächst die Bezeichnung für ein politisches Bündnis von mehr oder weniger gleich Gesinnten. Die Bewegung entwickelte sich zunehmend zu einer Organisation mit totalitärem Anspruch, welches sich pseudo-wissenschaftlich, traditionalistisch und pseudo-historisch verstand. Wo der Kommunismus integrativ war, grenzte sich der Faschismus ab. Er tat dies im Rahmen von nationalistischen wie auch anderen Kategorien, wobei der Rassismus vor allem für den deutschen Faschismus der Nationalsozialisten kennzeichnend wurde.

Faschismus – Definition der Italienischen Faschisten: Offizielle Corona-Politik:
totalitärer Charakter der Doktrin Doktrin der ”Rettung ausschliesslich durch Impfung“. (Dies ist eine Unbewiesene Behauptung, getragen von unfassbar großem Einfluss finanzstarker Kräfte auf Politik und Wissenschaft.
Absicht der Schaffung eines neuen Menschen (nuovo homo) Auch jene, die heute die Corona-Krise als Chance verstehen (und dazu die Maßnahmen vehement verteidigen, gar vordenken), träumen von einer neuen trans-humanistischen Zukunft (”Wir werden das Verbrechen erkennen, bevor es geplant (!) wurde“. Hört sich schön an, doch: Wie will ein beschuldigter Verbrecher unter diesen Umständen seine Unschuld beweisen? Der Willkür ist Tür und Tor geöffnet.)
Das Individuum hat der Gemeinschaft zu dienen und sich derselben durch „ein gegebenenfalls totales Opfer” unterzuordnen (Fernando Esposito) Wer sich nicht der Corona-Impfpflicht beugt, verliert seine Rechte zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben
ideologische „Fluidität” und die Offenheit zentraler Konzepte: Impfung war zunächst ein Konzept zur Erlangung einer ”Immunität“. Inzwischen ist es bloß ein Instrument zur Anregung des Immunsystems gegen eine Erkrankung. Impfung verleiht nicht mehr ”Immunität“.
zentrale Begriffe, etwa Nation oder Gewalt, konnten für ein und denselben Faschisten eine variierende Bandbreite an Bedeutungen annehmen, je nachdem, ob die Bewegung gerade versuchte, eine Anhängerschaft zu gewinnen, die Macht im Staat zu erringen, die errungene Macht zu konsolidieren, oder einen Vernichtungskrieg führte Wissenschaft war eine Methode zur Beschreibung und Überprüfung von Modellen, die im Disput (Disputation) rigoros hinterfragt wurden (Rigorosum). Inzwischen ist Wissenschaft ein autoritäres Konzept zur Durchsetzung von vermeintlichen Wahrheiten in einem hierarchischen Prinzip.

Fernando Esposito, Faschismus-Forscher an der Universität Konstanz plädiert angesichts der Widersprüchlichkeiten innerhalb diverser Formen des Faschismus daher auch für die Konzentration auf das Erkennen von „Verwandschaftsbeziehungen“ zwischen einzelnen Formen des Faschismus – und damit für eine Abkehr einer Gleichsetzung von Faschismus und Nationalsozialismus:

”Seit über neunzig Jahren wird über Inhalt und Reichweite des Faschismus-Begriffs gerungen. Kein anderer ’Ismus‘, so konstatierte Roger Eatwell, habe derart widersprüchliche Deutungen hervorgebracht wie der Faschismus.(…)  Daher scheint es sinnvoller, ihn als heuristische Konstruktion zu verwenden, die das Erkennen von „Verwandtschaftsbeziehungen” gewährleistet.“ — Fernando Esposito, Faschismus, Begriff und Theorien. In: Docupedia-Zeitgeschichte

Angesichts der weltweiten Zerstörung und Vernichtung im Namen des Nationalsozialismus ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass es ein Wiederaufleben dieser spezifischen Form des Faschismus geben könnte (und immer wieder auch gibt). Es scheint jedoch eher unwahrscheinlich zu sein, dass sich Faschismus in dieser konkreten, mit den deutschen Nazis verbundenen Form zeigen wird. Und es ist für prominente Opfer und Mahner vor den Anfängen neuen Faschismus, wie dem polnischen Journalisten und Auschwitz-Überlebenden Marian Turski, klar, dass ein neues Auschwitz nur dann ”vom Himmel fallen“ könne, wenn die Entwicklung jener Vorgeschichte vergessen werde, die den Holocaust in seiner teuflischen Verkörperung der Endlösung nach 1941 erst möglich gemacht hat: Die Gleichgültigkeit gegenüber schleichend voranschreitenden Ausgrenzungen und Grundrechtsbeschränkungen von Minderheiten. Die Gleichgültigkeit gegenüber Warnungen vor Parallelen, wie sie Holocaust-Überlebende wie Vera Sharav aussprechen.

Es ist das Recht der Opfer und ihrer Angehörigen, Parallelen zu erkennen. Ihre Geschichte und Biografie befähigt sie möglicherweise sogar, Parallelen früher und deutlicher zu sehen, als jene, denen der Horror der Verfolgung und Vernichtung erspart blieb. Psychologisch ist es sogar wahrscheinlich, dass jene, die einst wegschauten und sich damit mitschuldig machten, besonders aber jene, die aktiv Schuld auf sich luden, in kognitiver Dissonanz gefangen sind und diese Parallelen nicht sehen wollen. Auf keinen Fall sind aber die Mahner beweispflichtig. Es ist an jenen, die Verantwortung tragen (und damit an allen Nachgeborenen), die Warnungen ernst zu nehmen und den Diskurs zu ermöglichen, wenn sie ihn schon nicht eröffnen.

”Ihr tragt keine Schuld an dem, was geschehen ist, aber die Verantwortung dafür, dass es nicht wieder geschieht“ — Max Mannheimer, langjähriger Präsident der Lagergemeinschaft Dachau, an die Adresse nachgeborener Deutscher.

Dass sich der Faschismus – oder ein totalitäres System in seiner Nachfolge – in anderer Form zeigen wird, hat 1995 bereits der italienische Schriftsteller und Intellektuelle Umberto Eco [PDF] prophezeit:

”Wir sind hier, um uns an das Geschehene zu erinnern und feierlich zu bekräftigen, dass „es“ sich niemals wiederholen darf. — Aber was ist „es„?

“Wenn wir nur an jene totalitären Regime denken, die Europa vor dem Zweiten Weltkrieg beherrschten, lässt sich leicht sagen, dass es für sie schwierig wäre, in gleicher Gestalt unter veränderten historischen Umständen wieder aufzutauchen.”

(…)

“Auch wenn ich sehr besorgt bin über die verschiedenen naziähnlichen Bewegungen, die die hier und da in Europa, einschließlich Russland, aufgetaucht sind, glaube ich nicht, dass der Nationalsozialismus in seiner ursprünglichen Form als Massenbewegung wieder auftauchen wird.
Dennoch, auch wenn politische Regime gestürzt werden können und Ideologien kritisiert und verworfen werden können, steht hinter einem Regime und seiner Ideologie immer eine Art des Denkens und Fühlens, eine Gruppe von kulturellen Gewohnheiten, obskuren Instinkten und unbegreiflichen Trieben.”

(…)

”Der Faschismus hatte keine Quintessenz. Der Faschismus war ein unscharfer Totalitarismus, eine Collage verschiedener philosophischer und politischer Ideen, ein Bienenstock von Widersprüchen.“

(…)

”Aber das faschistische Spiel kann in vielen Formen gespielt werden, und der Name des Spiels ändert sich nicht. Der Begriff des Faschismus ist Wittgensteins Begriff des Spiels nicht unähnlich. Ein Spiel kann wettbewerbsorientiert sein oder nicht, es kann besondere Fähigkeiten erfordern oder nicht, es kann Geld beinhalten oder nicht. Spiele sind verschiedene Aktivitäten, die nur eine gewisse „Familienähnlichkeit“ aufweisen, wie Wittgenstein es ausdrückte.“

(…)

Faschismus wurde zu einem Allzweckbegriff, weil man einem faschistischen Regime ein oder mehrere Merkmale nehmen kann und es immer noch als faschistisch zu erkennen ist. Nimmt man den Imperialismus aus dem Faschismus heraus, hat man immer noch Franco und Salazar. Nimmt man den Kolonialismus weg, hat man immer noch den Balkanfaschismus der Ustascha. Fügt man dem italienischen Faschismus einen radikalen Antikapitalismus hinzu (der Mussolini nie sonderlich fasziniert hat), dann hat man Ezra Pound. Fügen Sie einen Kult der keltischen Mythologie und der Gralsmystik hinzu (die dem offiziellen Faschismus völlig fremd sind), und Sie haben einen der angesehensten faschistischen Gurus, Julius Evola.

Es ist allen Unterschieden zum Trotz für Eco gleichwohl möglich,

eine Liste von Merkmalen zu skizzieren, die typisch sind für das, was ich Ur-Faschismus oder Ewigen Faschismus nennen möchte. Diese Merkmale lassen sich nicht in ein System einordnen; viele von ihnen widersprechen einander und sind auch für andere Arten von Despotismus oder Fanatismus typisch. Aber es genügt, dass eines von ihnen vorhanden ist, damit sich der Faschismus um dieses Merkmal gruppieren kann.

Unter anderem stellt Eco fest, dass der Faschismus Abweichler nicht akzeptiert:

”In der modernen Kultur würdigt die wissenschaftliche Gemeinschaft den Dissens als einen Weg zur Verbesserung des Wissens. Für den Urfaschismus ist Widerspruch Verrat.“

Was 2020 von Angela Merkel mit dem ganz und gar wissenschaftsfeindlichen und in seinem Absolutheitsanspruch maßlosen Satz ausgedrückt wurde: ’Hören Sie nur auf die Experten!‘ Bei Eco heisst es dazu:

”Außerdem ist die Uneinigkeit ein Zeichen der Vielfalt. Der Ur-Faschismus wächst heran und sucht nach einem Konsens, indem er die natürliche Angst vor Andersartigkeit ausnutzt und verschärft. Der erste Appell einer faschistischen oder vor-faschistischen Bewegung ist ein Appell gegen die Störer.“

Wie sehr Marion Schmidt mit ihrer Warnung vor demokratiefeindlichem neuen Faschismus den Finger in die Wunde gelegt haben dürfte, wird deutlich, wenn man die harte, dogmatische und demagogische Linie betrachtet, mit der gegen Frau Schmidt (wie auch gegen viele andere Kritiker der totalitären Maßnahmen wie Robert F. Kennedy jr.) Stimmung gemacht und Debatte (für die in einer demokratischen und freiheitlich-diskursiv orientierten Gesellschaft selbst unter schärftster Form von „social Distancing“ im virtuellen Rahmen Raum hätte sein müssen) rigoros unterbunden wird. Jeder Einzelne hat sich dem (unbewiesenen) Postulat zu unterwerfen, wonach ’nur eine Impfung‘ die Gesellschaft zur Normalität zurückbringen könne. Und nur um die Interessen dieses Kollektivs könne es gehen. Bei Eco heisst es dazu:

”Der Ur-Faschismus basiert auf einem selektiven Populismus, einem qualitativen Populismus, könnte man sagen. In einer Demokratie haben die Bürger individuelle Rechte, aber die Bürger in ihrer Gesamtheit haben nur in quantitativer Hinsicht einen politischen Einfluss – man folgt den Entscheidungen der Mehrheit. Für den Urfaschismus hingegen hat der Einzelne als Individuum keine Rechte, und das Volk wird als eine Qualität konzipiert, als eine monolithische Einheit, die den Willen der Allgemeinheit ausdrückt. (…) In unserer Zukunft gibt es einen Fernseh- oder Internetpopulismus, in dem die emotionale Reaktion einer ausgewählten Gruppe von Bürgern als Stimme des Volkes präsentiert und akzeptiert werden kann.“

Zwar werden formal betrachtet aktuell Entscheidungen im Parlament mehrheitlich getroffen. Und ausweislich von demoskopischen Erhebungen sind viele Menschen immer noch mit der Regierungspolitik einverstanden, was als Gegenargument gegen eine fortschreitende Faschisierung der Gesellschaft gewertet werden könnte. Allerdings ist die echte demokratische Mehrheitsentscheidung sowohl rücksichtsvoll gegenüber Minderheiten (was in der Corona-Krise sowohl politisch wie auch medial aktiv hintertrieben worden ist), als auch auf eine vorherige ausführliche Debatte und den breiten Austausch von Argumenten und Informationen gegründet. Beides ist weiterhin politisch nicht gewünscht und auch in den klassischen Medien nur in sehr geringem Umfang gegeben gewesen.

Demgegenüber wird in der Impfpolitik mit brachialer Gewalt versucht, die Gesellschaft als ”monolithische Einheit“ zu präsentieren und Abweichende Meinungen oder gar Warnungen vor den Folgen einer massenhaften Anwendung der nicht über längere Zeiträume auf Sicherheit getesteten Injektionen mit genetisch verändertem Material zu marginalisieren. Die Rechte des Einzelnen auf informierte Entscheidung werden als ”egoistisch und unsolidarisch“ dargestellt, auch wenn mittlerweise zahlreiche Warnungen von Wissenschaftlern Realität geworden sind.

Was in München und in Dachau aktuell aufgeführt wird, ist bestenfalls eine Peinlichkeit für Politik, Behörden und KZ-Gedenkstätte. Alle Verantwortlichen sollten wissen, was ihre Aufgabe ist. Marion Schmidt mag übervorsichtig sein und hinter jeder bürokratischen Fehlleistung eine faschistische Gefahr befürchten. Als Referentin in der KZ-Gedenkstätte ist dies im Zweifel aber ihre Aufgabe. ’Wehret den Anfängen!‘ ist eine Aufforderung dazu, im Zweifel einmal zu früh ’Alarm!‘ zu schlagen. Entscheidend ist es, die Argumente und Indizien gründlich zu prüfen, damit sich derartiges nie wiederholen kann. Denn, wie Marian Turski 2020 am Ort des Schreckens formulierte: Auschwitz ist nicht vom Himmel gefallen. Es entwickelte sich schleichend.

Auch Umberto Eco mahnt im Sinne Marion Schmidts:

Wir müssen wachsam bleiben, damit die Bedeutung dieser Worte nicht in Vergessenheit gerät nicht wieder vergessen wird. Der Ur-Faschismus ist immer noch unter uns, oftmals in Zivil. Er wäre sicher viel einfacher für uns, wenn auf der Weltbühne jemand auftauchen würde der sagt: ”Ich will Auschwitz wieder öffnen, ich will, dass die Braunhemden wieder auf den Plätzen aufmarschieren.“ Aber so einfach macht es uns das Leben nicht. Der Urfaschismus kann in den harmlosesten Verkleidungen zurückkehren. Unsere Aufgabe ist es, ihn zu entlarven und mit dem Finger auf jede seiner neuen Erscheinungen zu zeigen – jeden Tag, in jedem Teil der der Welt.

 

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Rede von Marion Schmidt am Königsplatz in München am 26. Januar 2022. Diese Rede wird ihr nun als ’Verharmlosung des Nationalsozialismus‘ vorgeworfen.

Übersetzung der Zitate von Umberto Eco von Uwe Alschner


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Jürgen Karsten
Jürgen Karsten
2 Jahre zuvor

Mir sollte mal jemand die Frage beantworten wie in einer faschistisch motivierten Gesellschaft Faschismus aufgearbeitet werden kann. Ich behaupte mal, wir leben seit dem wir im Alliierten Status leben im globalen Faschismus. der vom Imperium USA getragen wird. Die BRD hat niemals die Geschichte des deutschen Faschismus aufgearbeitet das beweist schon allein die Geschichte der CDU ( Reformpartei) und die SPD von damals und heute ( Kriegskredite damals und 100 Milliarden für die Rüstung heute) wo ist der Unterschied?. Und die DDR war zwar ein antifaschistischer Staat, konnte sich aber wie die UdSSR niemals aus den Finanzklauen des Kapitals befreien. Doch gerade das Wirtschafts- und Finanzkapital ist die Grundlage für Faschismus. Der Faschismus ist die reaktionärste und aggressivste Form des kap. Systems. Und Corona Politik ist Ausdruck einer menschenverachtenden diktatorischen Gesundheitspolitik. Sie ist Kriegspolitik gegen die Völker mit anderen Waffen. Ich denke schon das es eine rassistisch motivierte antisemitische Politik ist mit dem Ziel der Regulierung der Weltbevölkerung auf unnatürlichem Wege. Wo besteht der Unterschied zwischen einer Giftspritze und einer Schusswaffe? Nur in der Größe des gewaltsamen körperlichen Eingriffs. Das Ergebnis ist immer dasselbe. Der einzige Unterschied zum deutschen Faschismus ist seine globale Ausrichtung. Und allein diese Aussage ist schon wenn sie stimmt Ausdruck dafür das der Faschismus heute viel verdeckter aber viel grausamer funktioniert. Wer Menschen ohne Gerichtsurteil einsperrt und foltert ( Guantanamo und GB J. Assange), wer andere Länder mit Napalm Phosphor und anderen Raketen unter dem Vorwand von Terrorbekämpfung überfällt und dem Erdboden gleich macht ( Vietnam , Irak Syrien , Libyen, Afghanistan, etc. ) hat bei mir jeden Anspruch auf Demokratie verwirkt. Er ist ein Diktator der nicht nur menschliches Leben vorsätzlich aus ganz bestimmten geostrategischen und Macht Interessen vernichtet um seine eigene Agenda von lebenswerten Leben durchzusetzen ( siehe Corona Politik). Und das ist nicht nur nach meiner Meinung ein Faschist. Mussolini war ein Faschist er wusste sehr wohl wovon er sprach. Also worüber wollen wir reden? Über Faschismus den die Mehrheit nicht sieht obwohl er da ist? Was für ein Unterfangen in dieser immer chaotischer werdenden Welt. Ich denke wer über Faschismus reden will muss sich erst einmal mit dem Begriff auseinandersetzen. Die Wikipedia ist dafür kein geeigneter Ort.

Tom Hake
Tom Hake
2 Jahre zuvor

Ich möchte von einem Vorfall berichten, der sich so am 23. März 2022 am Einlaßtor der KZ-Gedenkstätte Dachau abgespielt hat.
Auf einem Spaziergang, der mich an dem berühmt-berüchtigten Tor mit der ebenso berühmt-berüchtigten Aufschrift vorbeiführte, stellte ich fest, daß für die Besucher dort, obwohl das gesamte Areal sich im Freien befindet die 3G-Regel zur Anwendung kommt, und darüberhinaus das Tragen einer sog. FFP2-Maske obligatorisch ist.
Ich setzte mich in 10m Abstand gegenüber der Kontroll-Station auf einen Stein und beobachtete für eine gute Viertelstunde das Geschehen.
Die zumeist amerikanischen Touristen wurden, nachdem man ihre COVID-Zertifikate überprüft hatte auf die Maskenpflicht hingewiesen. Und nein, die mitgebrachten Stoffmasken gölten hier nicht, es müßten schon die zertifizierten Staubschutzmasken aus dem Baumarkt sein, Geschichte soll ja schließlich nicht krank machen…
Alle von mir beobachteten Besucher der Gedenkstätte zeigten brav ihr Smartphone und setzten das verlangte Gesichtsverhüllungstextil auf, und gingen dann, geschichtlichen Erkenntnisgewinn erhoffend, durch das Tor.
Nach ca. 15 gab es dann so etwas, wie einen kleinen Tumult.
Ein Besucher aus den Vereinigten Staaten (es kann aber auch ein Kanadier gewesen sein, so genau konnte ich den Dialekt nicht deuten) wollte nur widerwillig sein Zertifikat zeigen, und als es an die Maskenpflicht ging, stellte sich der Besucher als uneinsichtiger Querulant heraus.
„Sorry“, sagte die junge Dame an der Kasse in studentischem Englisch, „But these are the rules, and we all have to obey them“.
An dieser Stelle konnte ich nicht länger an mich halten, und meinte zu dem guten Mann aus Übersee „The history-lesson starts right here, and as far as I’m concerned you are the first and only one, who passed the test. Congratulations!“
Nun brausten die zwei jungen Menschen am Checkpoint gehörig auf.
Was ich hier überhaupt zu suchen hätte, was ich mir erlaube, sie (die jungen Menschen) bei der Arbeit zu stören, wenn ich nicht meinen Mund halten würde und sofort gehen würde, würden sie (die jungen Menschen) die Polizei rufen (ich weiß, das waren gerade 4x „würde“, aber die würden des Menschen sind eben unantastbar)
Darauf hin bedankte ich mich bei den jungen Menschen für den erhellenden und anschaulichen Geschichtsunterricht und meinte noch abschließend, daß Menschen, die sich nicht an die Regeln gehalten hätten, vor 80 Jahren just auf der anderen Seite des Zauns gelandet wären, und sie sollten einmal darüber nachdenken.
Ob sie das taten, ist mir nicht bekannt, aber: die Hoffnung stirbt zuletzt.

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1 Jahr zuvor

[…] die sich dem entgegenstellen wollen, was von einigen als “globaler Totalitarismus” oder “Faschismus” bezeichnet […]

trackback
1 Jahr zuvor

[…] Am 28. März berichteten wir über den bemerkenswerten Fall, in dem die Leitung der KZ-Gedenkstätte Dachau – offensichtlich unter massivem politischem Druck durch die Bayerische Staatsregierung – eine langjährige Mitarbeiterin der Gedenkstätte, Marion Schmidt bezichtigt, „eine Verharmlosung des Nationalsozialismus und seiner Opfer“ begangen zu haben. Tatsächlich hatte Marion Schmidt in einer Rede am Münchner Königsplatz am 26. Januar das Wort Nationalsozialismus nicht erwähnt, sondern im Zusammenhang mit den umstrittenen Corona-Maßnahmen „die größte Faschisierung seit Gründung der Bundesrepublik“ beklagt. Wie nah an der Wahrheit Frau Schmidt mit ihrer Feststellung gelegen haben dürfte zeigt das Urteil der früheren US-Außenministerin Albright, die vor allem die Spaltung der Gesellschaft als Merkmal des Faschismus bezeichnet hat: […]

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1 Jahr zuvor

[…] Dachau entlassen wurde, weil sie bei einer Kundgebung am Holocaust-Gedenktag zum „Widerstand“ gegen die ”Faschisierung von Staat und Gesellschaft“ aufgerufen […]