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Mrz 2024

Ein Profi-Anwalt will von einem „Mitternachtsnotar“ und einigen „Hafenanwälten“ aufs Kreuz gelegt worden sein

Thema: Gesundheit & Politik

Der Prozess gegen Dr. Reiner Fuellmich ist über die Osterfeiertage in die Pause gegangen. Acht Verhandlungstage sind in einem Göttinger Gerichtssaal vergangen. Reiner Fuellmich selbst, sein ehemaliger Kollege bei der Sammelklage, Dr. Justus Hoffmann, der Notar, welcher den Hausverkauf abwickelte, und Viviane Fischer, Fuellmichs ehemalige Mitstreiterin im Corona-Untersuchungsausschuss (CA), wurden befragt.


Wenn man sich anschaut, was in den Verhandlungen vor dem Göttinger Gericht herauskam, erscheint es seltsam, wie ein erfahrener Prozess-Anwalt, der alle Tricks der Gegner seiner Mandanten kennt, in seinem eigenen Fall drei eher unerfahrenen Anwälten zum Opfer fallen soll. Aber genau das scheint es zu sein, wovon sowohl Fuellmich als auch sein Anwaltsteam das Gericht überzeugen wollen: dass er 25 Jahre nachdem Reiner Fuellmich Journalisten des SPIEGEL über die Fallstricke von Immobiliengeschäften aufgeklärt hat, selbst von drei „Hafenanwälten“ betrogen worden ist. Dabei hatte er mit ihnen sogar während seines Aufenthalts in Mexiko Kontakt soweit gehalten, dass sie sogar von seinen Reiseplänen wussten, u.a. von seinem Termin im deutschen Konsulat. So kam er in Untersuchungshaft in einem Göttinger Hochsicherheitsgefängnis, von wo aus er regelmäßig in Handschellen zu den Prozessverhandlungen gebracht wird. Viele in der Freiheitsbewegung scheinen zu glauben, dass dies möglich ist.


Der Prozess gegen Reiner Fuellmich und möglicherweise noch mehr die andauernde Untersuchungshaft bewegen Menschen auf der ganzen Welt, denn Fuellmich ist zu einem der prominentesten Gesichter der so genannten „Freiheitsbewegung“ geworden.

Die Umstände der Verhaftung Fuellmichs am 13. Oktober 2023 auf dem Frankfurter Flughafen und seine vorangegangene Abschiebung aus Mexiko geben Anlass zu allerlei Theorien über Verschwörungen und Absprachen. Der deutsche Staat, so heißt es, wolle an Fuellmich ein Exempel statuieren, weil der sich offen gegen die deutsche Regierung und führende Protagonisten der Pandemiepolitik sowie der Wissenschaft gestellt hatte, wie etwa Professor Christian Drosten, der den ersten PCR-Test für Covid entwickelte. Fuellmich hatte damals versprochen, gegen die Verantwortlichen, insbesondere gegen Drosten, mit einer Sammelklage vorzugehen, auf die er als erfahrener Prozessanwalt mit Zulassungen sowohl in Deutschland als auch im Bundesstaat Kalifornien bestens vorbereitet sei.

Sommer 2022: Die Vorgeschichte

Viele Menschen auf der ganzen Welt, die Reiner Fuellmichs Arbeit zu schätzen gelernt haben, geben Viviane Fischer die Schuld an seinem jetzigen Leidensweg. Und Reiner Fuellmich und sein Anwaltsteam schüren diese Stimmung, zuletzt am 24. März 2024 in einem Bittel-TV-Livestream.

Am 2. September 2022 hatte Viviane Fischer die Öffentlichkeit darüber informiert, dass Reiner Fuellmich „heute und bis auf weiteres“ nicht mehr an den CA-Sitzungen teilnehmen werde. Später wurde bekannt, dass der CA im Frühsommer in finanzielle Schwierigkeiten geraten war und dass seit Juli hinter den Kulissen Anstrengungen unternommen wurden, die schließlich scheiterten. Mehrere prominente Persönlichkeiten der deutschsprachigen Kritikerwelt, wie Professor Ulrike Kaemmerer, Dr. Renate Holzeisen und vor allem Dr. Wolfgang Wodarg, hatten Viviane Fischer in de Auseinandersetzung mit Fuellmich unterstützt, und arbeiteten auch danach weiterhin mit Fischer am CA zusammen, selbst nachdem Reiner Fuellmich bereits am 9. September 2022 begonnen hatte, sie und Wolfgang Wodarg anzugreifen – für Vorwürfe, die sie in Wirklichkeit nicht erhoben hatten.

Reiner Fuellmichs Team spekuliert über Absprachen zwischen Viviane Fischer und den Anzeigenerstattern, den drei ehemaligen Kollegen von Fuellmich aus der Sammelklage. Dies ergebe sich aus der Tatsache, dass die Strafanzeige am selben Tag eingereicht wurde, an dem Viviane Fischer ihre Ankündigung während der ersten CA-Sitzung nach einer zweiwöchigen Unterbrechung am 2. September 2022 machte.

In einem Video, das am 9. September 2022 ausgestrahlt wurde und unten dokumentiert ist, sagte Fuellmich, dass „mit Hilfe von Wodarg [von Fischer] unterstellt wurde, dass ich Geld aus der Sammelklage in die Taschen gesteckt hätte. (…)“.

 

Diese Art der Selbstverteidigung von Fuellmich, bei der er derjenige war, der die öffentliche Diskussion über bestimmte Fragen eröffnete, über die die Parteien angeblich zerstritten waren, war recht ungewöhnlich. Eine erfahrene Führungspersönlichkeit würde sich um eine Beruhigung der Lage bemühen, anstatt die Spannungen durch das Ansprechen bestimmter Themen zu verschärfen. Fischer hatte bis dahin weder die Art der Diskussion noch die Gründe für die Abwesenheit Fuellmichs bekannt gegeben. Es war lediglich eine Tatsache, dass „Reiner“ bis zur Suche nach einer Lösung für bestimmte Fragen vorläufig abwesend sein würde. Fischer hatte auch ihren Optimismus zum Ausdruck gebracht, dass „alles, was jetzt geschieht, im Gesamtzusammenhang gesehen letztlich zum Guten sein wird„. Fuellmich hingegen begann öffentlich, bestimmte Themen anzusprechen, über die der CA zerstritten sei und “bei denen es vielleicht keine gemeinsame Basis gibt”. Interessanterweise sagte er auch, dass Fischer dagegen gewesen sei, den CA „professionell“ zu führen. Welche verantwortungsbewusste Führungskraft würde einen solchen Konflikt in einem Krisenmoment so eskalieren lassen?

Zwei Wochen später äußerte sich Viviane Fischer zum ersten Mal öffentlich zu Einzelheiten. In einer Videobotschaft am 22. September 2022 legte sie die wahren Gründe offen, die zur Diskussion standen. Der wohl erschütterndste Faktor war, dass Reiner Fuellmich ohne Fischers Wissen monatliche Zahlungen an seine Anwaltskanzlei in Höhe von 29.750 € genehmigt hatte, die sich im Laufe der Zeit auf rund 650.000 € summierten. Geld, welches von Unterstützern an den CA gespendet worden war. Dies muss vor dem Hintergrund der CA-Satzung verstanden werden, die besagt, dass kein Mitglied des CA Vorteile aus dem CA ziehen darf. Fischer sagte, sie „habe Probleme zu glauben“, dass von Fuellmichs Anwaltskanzlei irgendwelche Leistungen für den CA erbracht worden sein sollen, die Zahlungen in dieser Größenordnung rechtfertigen könnten.

Die ganze CIC-Panne ist sicherlich zum Teil auch eine Frage der Verantwortung dafür, dass Viviane Fischer als Co-Geschäftsführerin des CA nicht aufgepasst hat. In erster Linie ist jedoch Fuellmich in der Pflicht zu erklären, wie er Zahlungen in beträchtlicher Höhe an seine eigene Kanzlei rechtfertigen konnte, ohne dies ausdrücklich mit seinen Kollegen abzuklären. Schließlich handelte es sich bei beim Corona-Ausschuß um eine Einrichtung, in der gutgläubige Spender Beiträge unter der Voraussetzung leisteten, dass keine unzulässigen Zahlungen an einen der Beteiligten geleistet werden.


„Die Gesellschafter erhalten keine Zuwendung aus Mitteln der Gesellschaft. Keine Person darf durch Ausgaben, die dem Gesellschaftszweck fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt werden“ – § 2 Nr. 3 der CA-Satzung


Wofür Fuellmich vor Gericht steht – und wofür nicht

Interessanterweise war diese Frage von der Staatsanwaltschaft in die Anklageschrift gegen Fuellmich aufgenommen worden, aber das Gericht entschied sich, den Vorwurf einer möglichen Veruntreuung im Zusammenhang mit diesen Zahlungen von vornherein zu verneinen. In dem Verfahren geht es also „nur“ um die Fragen, die 2020News, die Medienplattform des CA, so zusammenfasste:

„Es geht um ein Darlehen in Höhe von 700.000 € aus Mitteln der Stiftung Corona-Ausschuss Vorschalt gUG i.Gr., das Dr. Reiner Fuellmich Ende 2020 bzw. Anfang 2021 erhalten hat, das er privat verwendet und noch nicht zurückgezahlt hat. Ob er dies durfte und ob Dr. Reiner Fuellmich von dritter Seite bewusst oder faktisch an der Rückzahlung des Darlehensbetrages gehindert wurde, ist Teil der gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung.“

Zu seiner Verteidigung argumentiert Fuellmich, er sei immer bereit gewesen, das Darlehen an den CA mit dem Erlös aus dem Verkauf seines Hauses in Göttingen zurückzuzahlen. Wie 2020News berichtete:

„Die Rückzahlung soll nach Darstellung von Dr. Reiner Fuellmich dadurch verhindert worden sein, dass der dafür vorgesehene Verkaufspreis seines Hauses fast gänzlich – und angeblich unberechtigt – an den Grundschuldgläubiger Rechtsanwalt Marcel Templin geflossen ist. Dieser habe € 1.158.000 erhalten statt der nominell gesicherten € 650.000. Dr. Reiner Fuellmich ist der Ansicht, dass Marcel Templin eigentlich gar nichts aus der Grundschuld zustand, er also die gesamte Summe zu Unrecht vereinnahmt hat.“

Fuellmich behauptet, er sei von seinen ehemaligen Kollegen der Sammelklage, den Rechtsanwälten Marcel Templin, Dr. Justus Hoffmann und Antonia Fischer, regelrecht betrogen worden:

“Das Haus ist verkauft worden für 1,345 Millionen. Damals war das Grundbuch sauber, waren nur Eigentümergrundschulden drin. Das sind Grundschulden, die leer sind.

Und 6 Wochen später hat man (fällt) Herr Templin, im Wege des Betruges, der Erpressung und der mittelbaren Falschbeurkundung diese Grundschuld, eine Grundschuld für sich eintragen lassen. Hätte er das nicht getan, und hätte er nicht den Notar und den Käufer getäuscht und unter Druck gesetzt, von wegen ich vollstrecke in die Immobilie, die du gerade gekauft hast, und die du einziehen willst, in die du einziehen willst, wenn du mir nicht das Geld überweist, dann wären die 700.000 an den Ausschuss zurückgegangen.”

Betrachtet man die Details der Vorgänge zwischen dem Notar und seinen Gegnern, so scheint Fuellmich besonders viel Pech gehabt zu haben. Schließlich befand er sich zum Zeitpunkt des Hausverkaufs in Amerika und konnte anscheinend nicht persönlich eingreifen. Seine Wut und Frustration über das „skandalöse und kriminelle Verhalten“ scheint also gerechtfertigt, oder?

Man könnte geneigt sein, mit Reiner Fuellmich Mitleid zu haben, wäre da nicht eine Reihe von sehr merkwürdigen „Zufällen“.

Die Geschichte des „Profis“, der von einem einfachen Anwalt und einem „Mitternachtsnotar“ hereingelegt wurde

Fuellmich hat oft auf sein Fachwissen als erfahrener Prozessanwalt hingewiesen. Seit den 1990er Jahren war er an einer Reihe von Fällen gegen große Unternehmen beteiligt. Viele dieser Fälle betrafen Banken, wie die Hypovereinsbank, heute Teil der UniCredit, mit Sitz in München, die 1998 aus der Fusion der Bayrischen Hypothekenbank (Hypo-Bank) und der Bayrischen Vereinsbank hervorging.

Laut einem unveröffentlichten Artikel im Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL aus dem Jahr 1999 (der von Fuellmich 2021 für 2020News zur Veröffentlichung freigegeben wurde) hatte die Bank “eng mit Drückerkolonnen zusammengearbeitet, um gutgläubigen Immobilienkäufern angeblich „bankgeprüfte“ Wohnungen zu verkaufen”, die jedoch nur einen Bruchteil des gezahlten Kaufpreises wert waren. Fuellmich vertrat viele solcher Kunden gegen mehrere solcher Banken, und er wurde in dem Artikel als eine Quelle mit viel Erfahrung über die Fallstricke von Immobiliengeschäften für „arglose“ Vertragspartner zitiert.

Die Leser sollten sich den Bericht aus dem Gerichtssaal während der Anhörung des Notars genau ansehen:

  • eine Löschungsbewilligung für die drei erstrangigen Grundschulden wurde nicht erteilt, weder von der Bank noch von Dr. Reiner Fuellmich persönlich, erfuhr das Gericht
  • der Notar habe dann am 18.11.2022 auf den ersten drei Rangplätzen eine Grundschuld zugunsten des Rechtsanwalts Marcel Templin gefunden (insgesamt 650.000 €), was ihn sehr überrascht habe, so der Notar weiter. Und das, obwohl im Vertrag stand: „Verkäufer (= Dr. Reiner Füllmich, Anm. der Redaktion) versichert, dass weitere Veränderungen nicht veranlasst wurden und auch nicht zu erwarten sind.“
  • Ein früherer Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens aus Mitteln der Sammelklage. (…) Dr. Reiner Füllmich erhielt Ende 2020 von Marcel Templin ein Darlehen in Höhe von 500.000 € aus den Mitteln der Sammelklage, um ein Darlehen auf seine Immobilie in Göttingen zu tilgen. Dr. Reiner Fuellmich hatte die Bank [die Warburg Bank] angewiesen, die auf seinen Namen eingetragenen Grundschulden in Höhe von insgesamt 650.000 € zur Sicherung des Rückzahlungsanspruchs von Marcel Templin an diesen abzutreten.
  • Der Notar berichtete weiter, dass Marcel Templin anschließend [um Weihnachten 2022] in Begleitung eines Mannes und einer Frau in sein Büro gekommen sei und ihm einen Treuhandauftrag zur Löschung des Grundbuchs erteilt habe.
  • Die Anweisung von Marcel Templin an den Notar lautete, dass er die Grundschuld von 650.000 € nur dann löschen lassen könne, wenn er [Templin] von den Käufern insgesamt 1.158.000 € erhalte. Der Notar ging entsprechend vor und überwies 1.158.000 € an Marcel Templin.
  • Der Notar erklärte, er sei nicht verpflichtet zu prüfen, ob die Forderung eines Grundschuldgläubigers tatsächlich noch bestehe
  • Dr. Reiner Fuellmich und der Notar waren sich einig, dass der Notar Dr. Reiner Fuellmich nie über die im Treuhandauftrag genannte hohe Summe informiert hatte
  • Obwohl sein alter Bekannter, Dr. Reiner Fuellmich, in E-Mails an den Notar unmissverständlich erklärte, dass er keinerlei Ansprüche von Marcel Templin aus der Grundschuld sehe, behauptet der Notar, ihn [Fuellmich] nicht darauf hingewiesen zu haben, dass fast der gesamte Kaufpreis an den Grundschuldgläubiger ausgezahlt werden sollte. Es wurde eine E-Mail von Dr. Reiner Fuellmich an den Notar verlesen, in der er schrieb „einen Versuch ist es wert“. Der Notar sagte aus, dass er dies so verstanden habe, dass Dr. Reiner Fuellmich seine Zustimmung zur Auszahlung der 1.158.000 € gegeben habe. Er vertrat vor Gericht die Auffassung, dass Dr. Reiner Fuellmich unmissverständlich hätte protestieren müssen, als er [der Notar] ihm [Fuellmich] mitteilte, dass er nun gemäß dem Treuhandauftrag verfahren wolle. Dr. Reiner Fuellmich hatte offenbar nicht nach der genauen Höhe des Treuhandauftrags gefragt, aber der Notar hatte ihm diese wohl auch nicht mitgeteilt
  • Dr. Reiner Fuellmich hat Marcel Templin im Eilverfahren auf Herausgabe der Löschungsbewilligung verklagt. Sein Antrag scheint vor Gericht gescheitert zu sein. Zu den Gründen des Scheiterns wurden keine näheren Angaben gemacht.
    Der Notar wurde über das Eilrechtsschutzverfahren informiert und gab an, dass er auch Unterlagen dazu in seiner Akte habe, diese aber wohl nicht bearbeitet und wohl auch nicht gelesen habe. Der Richter fragte den Notar, ob er eine für Dr. Reiner Fuellmich günstige Entscheidung berücksichtigt hätte. Der Notar erklärte, dass er eine solche Entscheidung wahrscheinlich durchgelesen und geprüft hätte. Er lehnte es ab, sich darauf festzulegen, ob er eine solche Entscheidung in jedem Fall beachtet hätte oder nicht.
  • Dr. Reiner Fuellmich war auch mit einer weiteren Klage gegen Marcel Templin auf Rückgabe aller Gelder aus der Sammelklage gescheitert. Viviane Fischer erklärte, dass sie die erste Seite des Gerichtsbeschlusses erhalten habe. Sie berichtete, dass die Klage als unzulässig abgewiesen worden sei, weil Dr. Reiner Fuellmich keinen korrekten Antrag gestellt habe. Er hatte „alle Gelder“ aus der Sammelklage gefordert. Dies war dem Gericht jedoch zu unbestimmt, da ein solch allgemeiner Anspruch letztlich nicht durchsetzbar sei, weil ein Gerichtsvollzieher nicht wisse, was genau er durchsetzen solle.

Der unveröffentlichte DER SPIEGEL-Artikel enthält einige Informationen über die Art und Weise, wie kriminelle Immobilienstücksgeschäfte in den 1990er Jahren abgewickelt wurden, als Fuellmich für seine Mandanten kämpfte. Er wird sogar zitiert:

„Neben der Bank und dem Verkauf gab es noch „eine dritte Säule des Immobilienbetrugs“, fand Kratzer heraus: das „Netzwerk der Notare“.

Bundesweit durften 162 ausgewählte Notare die Verträge beglaubigen – Notare, die es mit den Standesregeln nicht so genau nahmen. Diese Gruppe, eine kleine Minderheit in der rund 10.000 Mitglieder zählenden Zunft, spielte eine wichtige Rolle. Bevor die Hypo ein Baudarlehen auf ein Notaranderkonto überwies, schloss sie bei der Hamburger Hermes eine so genannte Vertrauensschadenversicherung ab, um sich gegen „Schäden aus vorsätzlichem oder fahrlässigem Fehlverhalten des Notars“ abzusichern. Hermes weigerte sich, 162 Notare [die die bevorzugten Partner waren, Red.] zu versichern“.

(…) „Mit Notaren, die ihre „Aufklärungs- und Belehrungspflicht“ ernst nehmen, wäre wohl so mancher Hauskauf nicht zustande gekommen. Die Notare auf der Hermes-Liste waren nicht so wählerisch. Sie waren sogar auf Abruf bereit, wenn die Makler ihre Opfer anschleppten. Die „Mitternachtsnotare“, wie Fuellmich sie nennt, beurkundeten oft spät abends, sogar um Mitternacht, und standen auch samstags und sonntags zur Verfügung.“ (Hervorhebung hinzugefügt)

Auch das Instrument der Erteilung von Treuhandaufträgen, mit dem der Betrug organisiert wurde, war für Reiner Fuellmich nicht neu.

„Die Vollmacht war ein Freibrief für die Treuhänder, die eine ebenso wichtige Rolle spielten wie die Notare. „Untreuhänder“ nennt sie Anwalt Nittel. Es gab eine ganze Reihe solcher „Scheintreuhänder“ (Fuellmich), aber besonders gut im Geschäft war die Kölner CBS oder ihre Schwestergesellschaft KT. Wie die Bank angeblich nur finanzierte, der Notar nur beurkundete, so wickelte der Treuhänder nur ab: Er „überprüft nicht“ lautete die Standard-Formulierung.“ – DER SPIEGEL, unveröffentlicht 1999

Viviane Fischer spekuliert:

  • könnte es sein, dass es noch eine tiefere Ebene gibt? Könnte hier gegebenenfalls in Abstimmung mit noch weiteren Beteiligten Geld aus den Zugriffsmöglichkeiten von Gläubigern von Dr. Reiner Fuellmich entfernt worden sein? Auch Dr. Reiner Fuellmich selbst kann man hier m.E. nicht aus dem Kreis der möglichen Beteiligten ausnehmen.
  • Die Tatsache, dass der Notar an einem Feiertag beurkundet hat, der unveröffentlichte Spiegelartikel aus dem Jahr 1999 ein, den ein Freund von Dr. Reiner Fuellmich geschrieben und den 2020News am 1. Februar 2021 publiziert hatte. Darin ist von sogenannten „Mitternachtsnotaren“ die Rede, die im Dienste der Banken die Kaufverträge der arglosen Käufern von Schrottimmobilien beurkundeten. (…) Die „Mitternachtsnotare“, wie sie Fuellmich nennt, beurkundeten oft am späten Abend, auch noch gegen Mitternacht, sie waren samstags und sonntags behilflich.“

Das Haus von Fuellmich wurde am 3. Oktober 2022 verkauft. Das war ein Feiertag (Tag der Deutschen Einheit).

In Anbetracht der Tatsache, dass Reiner Fuellmich verpflichtet und bereit war, das Darlehen an den CA zurückzuzahlen, erscheint es recht ungewöhnlich, dass er keine Vorkehrungen gegen eine schlampige Abwicklung dieses wichtigen Geschäfts getroffen hat. Er beklagt, Templin habe es versäumt, das Darlehen rechtzeitig abzusichern, aber Fuellmich selbst hat es versäumt, die Löschung von Grundschulden zu klären, von der er wusste, dass sie von Marcel Templin hätten vorgenommen werden müssen. Umso überraschender ist es, dass er nicht auf den Gedanken kam, dass noch mehr Dinge schief gehen könnten. Warum hat er dem Notar nicht ausdrücklich Anweisung erteilt, wie er mit dem heiklen Geschäft im Oktober 2022 umgehen soll? Warum hat er auf diese Weise zu der schmutzigen Affäre beigetragen? Immerhin hat Fuellmich wiederholt erklärt, dass er derjenige sei, der einen professionellen Umgang mit dem CA gefordert hat. Die Rückgabe eines Darlehens an den Ausschuss hätte doch sicher eine professionelle Abwicklung gerechtfertigt, oder?

Das Darlehen von Templin an Fuellmich

Als Fuellmich 2022 in dem Video vom 9. September Wodarg (zu Unrecht) angriff, ihn [Fuellmich] der Veruntreuung von Geldern aus Sammelklagen beschuldigt zu haben, hat er vielleicht preisgegeben, als er beabsichtigte. Zu diesem Zeitpunkt war der Öffentlichkeit nicht bekannt, dass es tatsächlich ein Darlehen gegeben hatte, welches mutmaßlich aus Mitteln der Sammelklage gespeist wurde. Dieses Darlehen wurde von Marcel Templin gewährt, der Fuellmich im Dezember 2021 aufforderte, es zurückzuzahlen.

Irgendwann im Jahr 2021 war bekannt geworden, dass persönliche Daten von Klienten/Klägern der Sammelklage gehackt worden waren. Zum Glück für Reiner Fuellmich wurden diese Mandanten von der Kanzlei von Marcel Templin betreut, wo der Hack von Unbekannten verübt worden war. Templin war dem Vernehmen nach Verwalter (und Vertragspartner der Kläger) geworden, weil Fuellmich Templin gebeten hatte, für ihn einzuspringen, da er, Fuellmich, im Jahr 2020 ohne Bankkonto war. Fuellmich hat nach Angaben seiner Anwältin allen Klägern der Sammelklage angeboten, ihm [Fuellmich] das Mandat zu erteilen, nachdem das Leck bei Templin bekannt geworden war.

Anonleaks berichtete 2021, dass persönliche Daten der Kunden der Sammelklage veröffentlicht wurden.

Fast alle“ Mandanten sollen dieses Angebot angenommen haben, was dazu führte, dass Templin die Anzahlung von 952 € pro Mandant an Fuellmich zu überweisen hatte. Templin und seine Kollegen waren offenbar der Meinung, dass es sich dabei um ein falsches Spiel gehandelt haben könnte. Hinter den Kulissen scheinen sie in dieser Angelegenheit in ständigem Kontakt mit Fuellmich gestanden zu haben.

Jedenfalls hatte Templin die Rückzahlung seines Darlehens von Fuellmich nicht erhalten. Im Gegenzug scheint Fuellmich das Geld von den Mandanten der Sammelklage auch nicht erhalten zu haben! Die Kommentare seiner Anwältin auf Bittel TV deuten darauf hin, dass bis zum 2. September 2022, dem Tag, an dem Viviane Fischer die Abwesenheit von Fuellmich im CIC bekannt gab, zwischen allen Parteien ein „Waffenstillstand“ in Bezug auf das Geld herrschte: Fuellmich schrieb offenbar irgendwann nach dem Datenleck an Templin, dass „das Darlehen hinfällig sei‘ da alle Kläger exklusiv von ihm, Fuellmich, vertreten werden.“ Die Angelegenheit war im Sommer 2022 noch strittig, wie Fuellmichs Anwätin  Katja Woermer im Bittel-TV-Interview indirekt bestätigte: „Es gibt dazu keine gerichtliche Entscheidung darüber.“

Was ist von all dem zu halten?

Die ganze Angelegenheit ist undurchsichtig. Klar scheint jedoch zu sein, dass Reiner Fuellmich nicht der Weisse Ritter in strahlender Rüstung ist, der wie behauptet von „dunklen Mächten“ überfallen worden sei. Stattdessen scheint er selbst an der Entstehung eines finanziellen Schlamassels beteiligt gewesen zu sein, möglicherweise sogar mehr. Dass der deutsche Staat diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen würde, durch welche die gesamte „Bewegung“ atomisiert werden kann, dürfte vor allem für Fuellmich klar gewesen sein. Als „erfahrene Führungspersönlichkeit“ sollte er seine Strategie überdenken.

Sicherlich sollte Fuellmich über genügend Erfahrung verfügen, um die Art von Problemen vorauszusehen, mit denen er schließlich konfrontiert wurde bzw. immer noch wird. Ein Notar, der an einem Feiertag handelt, ist eine Sache (wenn dieser Notar ein guter Freund aus Studienzeiten ist, wie Fuellmich dem Richter sagte). Wenn dieser Notar jedoch als die Art von „Mitternachtsnotar“ auftritt, die Fuellmich nach eigenen Angaben in seiner Laufbahn als Betrugsbekämpfer schon so oft erlebt zu haben vorgibt, kann man sich schon wundern.

Man kann sich auch über die finanziellen Angelegenheiten von Fuellmich und über die Einzelheiten des ersten Darlehens von Rechtsanwalt Templin wundern. Woher kam das Geld, wenn nicht aus dem Geld der Sammelklage? Fuellmich scheint nach Angaben seines Anwalts genau diese Verbindung hergestellt zu haben. Vielen von Fuellmichs Anhängern ist klar, dass Templin Böses im Schilde führt. Diese Vermutungen mögen mehr oder weniger berechtigt sein. Bevor sie sich in ihrer Meinung festelegen, sollten sie allerdings innehalten und überlegen:

Was würde jemand tun, der Ziel eines Cyberangriffs wurde, welcher dazu führte, dass ein Kollege, welchem er einen Kredit gewährt hat, ihm Klienten (von denen wohl das Geld für den Kredit kam, den er diesem Kollegen gewährt hatte) davon „überzeugt“, das Mandat zu wechseln. Wenn dieser Anwalt dann verpflichtet wäre, das Geld auszuhändigen, welches er seinem Kollegen als „Darlehn“ gewährt hatte. Was würde er tun, wenn er im Verlauf eines monatelangen Hick-Hacks von weiteren finanziellen Unregelmäßigkeiten erführe, an denen der ehemaliger Kollege beteiligt zu sein scheint?

Ich wüsste nicht, was ich tun würde. Aber wenn ich jetzt an Reiner Fuellmichs Stelle wäre, wüsste ich, was ich nicht täte: Ich würde die Öffentlichkeit sicher nicht weiter im Glauben lassen, dass ich der Profi bin für den ich mich ausgegeben habe. Denn dafür ist inzwischen zu viel bekannt, was den gegenteiligen Eindruck erwecken könnte.


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