People, Purpose & Performance
Thema: Gesundheit & PolitikWas ist der Maßstab Ihres Erfolges? Woran wollen Sie am Ende Ihres Lebens gemessen werden?« Haben Sie sich diese Frage einmal gestellt? Es ist die Frage nach dem Sinn des Lebens. Dem Zweck der Existenz, wie es im Buch The Big Five for Life von John Strelecky heisst.
Wenn Sie der Ansicht sind, derart persönliches habe in einem Business-Kontext nichts zu suchen. Hier gehe es um Hard Facts und Perfomance, wie es neudeutsch heisst, dann mögen Sie sich Entlastung erteilen: Sir Richard Branson, einer der unstreitig erfolgreichsten Unternehmerpersönlichkeiten unserer Zeit, antwortete auf diese Frage so: „Messen Sie mich nicht an einem meiner Unternehmen. Messen Sie mich daran, was aus meinen Kindern geworden ist!„
Erfolg bemisst sich eben nicht allein in materiellen Dingen. In den seltensten Fällen bemisst sich Erfolg so, möchte ich sogar behaupten. Denn das Leben ist ein unendliches Spiel, wie es Simon Sinek wunderbar ausführlich in seinem Buch beschreibt. Materielles muss am Ende des Lebens hinterlassen werden, daher kann es nicht an sich konstitutiv sein für einen Menschen. Wer sich auf materielle Ziele und Werte ausrichtet, dem kann es sogar gehen wie Ric Elias.
Der gebürtige Puerto Ricaner ist in den USA ein erfolgreicher Gründer und hat im Laufe seiner Karriere zahlreiche Start-Ups gegründet und verkauft. Dies sollte auch mit seiner Firma Red F, heute Red Ventures, so geschehen. Bis zu jenem 15. Januar 2009. Damals war Elias Passagier auf dem Flug USAir 1549. Kurz nach dem Start vom New Yorker Flughafen LaGuardia geriet die startende Maschine in einen Schwarm Vögel und verlor die Schubkraft beider Antriebsdüsen. Es gab Qualmentwicklung in der Kabine und der der Pilot gab die Warnung „Brace for Impact“ über die Lautsprecher an entsetzte Flugbegleiter und Passagiere. Elias war sicher: das überlebe ich nicht.
In diesen Minuten änderte sich seine Einstellung zum Leben und auch zu dem, was Erfolg für ihn bedeutet, fundamental. Ihm wurde klar, dass er unendlich viel Zeit und Energie mit Nebensächlichkeiten vergeutet hatte. Statt dessen hatte er das, was wirklich zählt, vernachlässigt. Und nun sollte alles vorbei sein.
Elias und alle anderen mehr als 150 Insassen des Fluges starben nicht. Flugkapitän Chesley „Sully“ Sullenberger vollbrachte das „Wunder auf dem Hudson„ und landete die Maschine so auf dem Fluss vor der Halbinsel Manhattan, dass alle Insassen unverletzt blieben und gerettet werden konnten.
Nach der nicht für möglich gehaltenen Rettung ändert Ric Elias nicht nur seine privaten Prioritäten und besinnt sich wie Richard Branson auf den Sinn seines Lebens: in erster Linie den eigenen Kindern zu helfen, ihre eigene Persönlichkeit zu entwickeln und ihr Potenzial zu entfalten. Elias versteht auch, dass seine Bedeutung als Unternehmer in ähnlicher Weise seinen Mitarbeitern gilt. Erfolg, so Elias heute, bemesse sich auch für das Unternehmen daran, welchen Weg die Menschen gehen, die es beschäftigt (hat).
Damit liegt er beinahe wörtlich auf der identischen Linie, die auch Bob Chapman und der Barry-Wehmiller-Konzern für sich als Erfolgsparamenter definiert haben: Erfolg ist messbar am Einfluss den das Unternehmen auf das Leben der Menschen hat, die mit Barry Wehmiller zu tun haben. Truly Human Leadership bedeutet: die Menschen nicht nur menschlich zu führen, sondern auch darin zu unterstützen, sich zu verwirklichen. Oder anders ausgedrückt: ganz Mensch sein zu können.
Der Mensch im Mittelpunkt des Unternehmens (People first), dessen Unternehmenszweck (Purpose) sich mit den Werten und Visionen der Menschen aktiv verbindet. Leistung (Performance) ist das Ergebnis einer solchen Führungskultur. Und es stiftet Werte. Materielle nicht zu knapp, jedoch nicht in erster Linie!
Bob Chapman war der erste aktive Unternehmer, der für sich und sein Unternehmen eine eklatante Widersprüchlichkeit beseitigt hat: Obwohl die Aufgabenstellung zwischen Führung im Unternehmen und in der Familie mit Kindern sehr ähnlich ist (Anleitung zu verantwortungsbewusstem Handeln), werden in der Ausbildung von unternehmerischem Nachwuchs völlig andere Prinzipien in den Vordergrund gestellt – und folglich auch von Führungskräften in aktiver Verantwortung in Unternehmen angewendet.
Während in der Familie die Fürsorge (Caring), das Zuhören (Listening), die Ausbildung von Vertrauen (Trust), die Befähigung (Empowerment), das Wirken als Mentor und das Agieren als glaubwürdiges Vorbild (Leading) sowie das Anleiten (Teaching) im Vordergrund stehen, liegt der Schwerpunkt in der Welt herkömmlicher Unternehmer (die in herkömmlicher Weise entsprechend ausgebildet wurden) auf Exel-Tabellen (Spreadsheets), Gewinnspannen (Profit-Margin), auf Äußerlichkeiten (Titles) und Entpersonalisierung (Mitarbeiter als Human Resources), Personalabbau-Euphemismen (Rightsizing) und grundsätzlich in der Annahme, dass Management den Erfolg bewerkstelligen könne (der zum eigenen Nutzen angestrebt wird).
Es ist daher nur folgerichtig, auch unternehmerisches Denken und Handeln so anzulegen, dass es den Mitarbeiter mit seinen Bedürfnissen als Mensch in den Mittelpunkt stellt: es ist der einzige Weg im Einklang mit der Natur des Menschen als sozialem Wesen. Diese Natur hat die Fähigkeit zur Zusammenarbeit gefördert und damit einen evolutionären Vorteil bewirkt. Es ist diese – auf Vertrauen basierende – Bereitschaft zur Zusammenarbeit, die sich langfristig in besseren Ergebnissen ausdrückt.
Eigensinniges und egoistisches Verhalten ist auch menschlich. Das ist wahr. Es ist eine Paradoxie, dass der Mensch sowohl soziales Wesen als auch Individuum ist. Erfüllung findet das Individuum jedoch nicht alleine, wie das Beispiel von Ric Elias beweist.