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Mrz 2024

Worum geht’s im Film “The Zone of Interest”?

Thema: Gesundheit & Politik

Von Andrew Barr

Ich habe bisher gezögert, über Jonathan Glazers brillanten und verstörenden Holocaust-Film “The Zone of Interest” zu schreiben, weil ich dachte, seine Bedeutung sei offensichtlich. Es geht um das tägliche Leben von Rudolf Höss, dem Kommandanten des Konzentrationslagers Auschwitz, und seiner Frau Hedwig. Sie leben in unmittelbarer Nähe des Lagers; die Trennmauer ist im Film allgegenwärtig. Ebenso wie die Geräusche des Lagers. Aber wir sehen nicht, was im Lager passiert, denn die Hösses ignorieren es und führen ihren Alltag weiter, als ob es völlig normal wäre, dass Folter und Massenmord nur wenige Meter von der eigenen Wohnung entfernt stattfinden. Der Film enthält eine offensichtliche Botschaft über jene selbstsüchtige Spießbürgerlichkeit, die sich nur um die trivialen Details ihres eigenen Lebens kümmert und die Schrecken, die sich unmittelbar auf der anderen Seite der Mauer abspielen, ignoriert.

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Am vorletzten Sonntag (3. März) nahm ich an einer Podiumsdiskussion über jüdische Geschichte im Rahmen der so genannten ‘Jewish Book Week’ (inzwischen ‘Book Week 24’) in King’s Cross in London teil. Auf dem Podium saß der berühmte jüdische Historiker Simon Schama, Autor von “The Story of the Jews” und Moderator der gleichnamigen BBC-Serie. Während der Diskussion erwähnte Schama den Film “The Zone of Interest” und sagte, dass er ihm nicht gefällt, weil es sich um einen Holocaust-Film handelt, aus dem die Juden entfernt worden sind. Ich fand es ein wenig ironisch, dass jemand, der auf einem Buchfestival sprach, aus dem das Wort “Jüdisch” gestrichen worden war, die offensichtliche Streichung der Juden aus einem Film über den Holocaust kritisierte, aber ich dachte auch, wenn ein so angesehener jüdischer Historiker wie Schama die Botschaft des Films nicht zu begreifen schien, wäre es wohl doch angebracht, dass ich mehr über mein Verständnis des Films berichte.

Ich kann verstehen, dass Juden nervös werden, wenn sie einen Holocaust-Film sehen, in dem keine Juden vorkommen. Für manche geht es darum, sich die Geschichte des Holocaust zu eigen zu machen, sicherzustellen, dass die Juden immer im Mittelpunkt der Geschichte stehen, darauf zu bestehen, dass die Juden mehr gelitten haben als jede andere Gruppe von Menschen in der Geschichte (was nicht unbedingt zutreffen muss, da zunächst einmal mehr Nicht-Juden als Juden im Holocaust ermordet wurden – wobei es sich hier nicht um eine Art von Wettbewerb der Gräuel handelt).

Für andere ist es die Angst, dass die Juden durch das Medium Film aus der Geschichte herausgeschrieben werden. Kürzlich sah ich (im Fernsehen) “Selma”, den 2014 gedrehten Film über die Geschichte der schwarzen Bürgerrechtsmärsche von Selma nach Montgomery, Alabama, im Jahr 1965. Es ist ein würdiges, wenn auch durchschnittliches historisches Drama über eine bedeutende Episode der amerikanischen politischen Geschichte – aber es hat mich entsetzt. Wo waren all die Juden, die daran teilgenommen hatten? Wo war Rabbi Abraham Joshua Heschel, der bei den Märschen an der Seite von Martin Luther King in der ersten Reihe gestanden hatte? Seine Abwesenheit kann kein Zufall gewesen sein. Der Regisseur hatte sich die Mühe gemacht, Nonnen und einen orthodoxen christlichen Priester einzubeziehen. In Anbetracht des eigentlichen Themas ist der Rassismus in “Selma”, gelinde gesagt, ironisch.

Aber die Juden wurden nicht aus der Zone of Interest entfernt. Der Autor und Regisseur Jonathan Glazer ist Jude. Die Juden wurden aus dem Bild gerückt, aber wir sind uns ihrer Anwesenheit schmerzlich und ständig bewusst. Der Schwerpunkt des Films liegt nicht auf den Juden von Auschwitz. Er konzentriert sich auf die Deutschen in Auschwitz und ihre Haltung gegenüber den Juden.

Glazer hat in Interviews sehr deutlich gemacht, dass er seinen Film nicht als historisches Drama verstanden wissen wollte, sondern als eine Botschaft über das, was heute geschieht. “Es ist keine Geschichtsstunde”, sagte er dem ‘Rolling Stone’. “Es ist eine Warnung.”

Viele Menschen, vor allem in den alternativen Medien, haben behauptet, dass “The Zone of Interest” eine Botschaft über die aktuellen Geschehnisse in Gaza ist. Diese Theorie wird durch öffentliche Äußerungen von Glazer und seinem Produzenten James Wilson gestützt.

Am 18. Februar bei der Verleihung der British Academy Film Awards (BAFTAs), bei der “The Zone of Interest” (ironischerweise) sowohl als bester britischer Film als auch als bester ausländischer Film ausgezeichnet wurde, sagte Wilson, er glaube, dass der Film zeige, wie die Menschen sich auf ihr eigenes Leben beschränken und das Leiden anderer in Kriegen, wie dem in Gaza, ignorieren. Er erwähnte auch die Kriege im Jemen und in der Ukraine (und das Pogrom in Israel am 7. Oktober).

Wilsons Worte wurden dann in den sozialen Medien und anderswo so ausgelegt (oder absichtlich falsch wiedergegeben), dass der Film eine Botschaft speziell über Gaza darstelle.

Am 10. März sagte Glazer bei der Verleihung der American Academy Awards (Oscars), bei der “The Zone of Interest” als bester internationaler Film ausgezeichnet wurde, dass der Film zeige, was passiert, wenn Menschen entmenschlicht werden, und dass die Opfer des Pogroms vom 7. Oktober und des derzeitigen Krieges in Gaza Opfer von Entmenschlichung seien.

Glazer sagte auch, dass Israel die Erinnerung an den Holocaust missbraucht habe, um seine “Besetzung” Palästinas zu rechtfertigen, was eine heftige Kontroverse auslöste. Ich kann mir vorstellen, dass er dachte, er sei maßvoll, weil er das Wort “Völkermord” nicht benutzte, welches ständig von kreativen Künstlern in den Mund genommen wird.

Es ist immer interessant zu hören, was ein Autor über sein Werk denkt, aber wenn er es erst einmal veröffentlicht hat, hat er keine Kontrolle mehr darüber, wie es aufgenommen wird. Die Konsumenten können Filme (und Bücher und Theaterstücke und Gemälde und alle anderen künstlerischen Schöpfungen) so interpretieren, wie sie wollen. Glazers und Wilsons Meinungen über die Beziehung eines bereits gedrehten Films zu späteren Ereignissen sind nicht mehr als eben das – Meinungen.

Es ist eine Geißel der modernen Welt, dass die meisten Menschen gesagt bekommen wollen, was sie denken sollen, und sich nicht die Mühe machen, sich tief genug in ein Thema zu vertiefen, um sich eine eigene Meinung zu bilden. Wenn Autoren ihnen also sagen, wie sie ihr Werk zu interpretieren haben, nehmen sie das einfach hin.

Es ist auch unvermeidlich, dass viele von denen, die einen Film über Menschen sehen, die das Grauen auf der anderen Seite einer Mauer ignorieren, ihre aktuellen persönlichen Obsessionen darauf projizieren. Sie werden sagen, dass es eine Botschaft über die Themen ist, die sie beschäftigen, und darüber, wie andere Menschen solche Themen ignorieren – ohne zu bemerken, dass es auch eine Botschaft über die Themen sein könnte, die sie selbst ignorieren, weil sie sich mit ihren eigenen Obsessionen beschäftigen. Viele Menschen sind im Moment von Gaza besessen.

Obwohl viele Menschen “The Zone of Interest” offensichtlich als eine Botschaft über Gaza verstehen wollen, könnte es genauso gut um die Menschen gehen, die nur Gaza sehen können und blind zu sein scheinen für das menschliche Leid in Kriegen in anderen Teilen der Welt, sei es in der Ukraine oder im Jemen oder in Syrien oder in Afghanistan oder in Äthiopien oder im Sudan oder in der Sahelzone oder in Birma. Ich sehe nicht, dass jeden Samstag Zehntausende von Menschen in den Straßen Londons marschieren, um einen Waffenstillstand in diesen Kriegen zu fordern.

Die offensichtliche Botschaft von “The Zone of Interest” ist, dass die Menschen die Schrecken auf der anderen Seite der Mauer ignorieren. Wie kann es also um Gaza gehen? Es wäre absurd zu behaupten, dass die Menschen ignorieren, was dort geschieht. Es ist ständig in den Nachrichten.

Der Krieg in Gaza kann mit dem in der Ukraine verglichen werden, der zuvor die ständige Obsession der Medien war (2022/23). Ja, er ist entsetzlich, aber er findet in einem fremden Land statt und ist einer, an dem Großbritannien und britische Soldaten (theoretisch) nicht beteiligt sind. Dienen diese ausländischen Kriege nicht der Ablenkung, um uns von dem abzulenken, was hier zu Hause geschieht, wo um uns herum die Mauern eines elektronischen Gefängnisses errichtet werden, während wir gegen die Ereignisse im Ausland protestieren, und wo der plötzliche und angeblich unerklärliche Tod vieler Tausend Menschen von den Medien und den Behörden ignoriert wird? Ob das absichtliche Ablenkungen sind, weiß ich nicht.

“The Zone of Interest” wurde im Sommer 2021 unter Einhaltung der “COVID-Regeln” gedreht. (Dies wird im Abspann erwähnt). Ich kann das für diesen Film nicht mit Sicherheit sagen, aber meine Begegnungen mit Leuten, die in diesem Zeitraum andere Filme und Fernsehserien drehten, lassen vermuten, dass alle, die hinter der Kamera an dem Film arbeiteten, von ihrem “COVID-Protokollberater” angewiesen wurden, während der gesamten Zeit, die sie am Set verbrachten (in der Regel sehr lange Tage), Gesichtsmasken zu tragen, und dass sie entweder gegen COVID geimpft sein mussten oder sich einem regelmäßigen (vielleicht täglichen) Regime invasiver Tests unterziehen mussten. Das COVID-Problem wäre also am Drehort allgegenwärtig gewesen.

Der Sommer 2021 war auch die Zeit, in der der COVID-Impfstoff international eingeführt wurde, und die Menschen wurden unter Androhung des Verlusts ihres Arbeitsplatzes (im Falle der Filmindustrie gar für immer) gezwungen, sich impfen zu lassen. Dieser Zwang war ein klarer Verstoß gegen den Nürnberger Kodex, der 1947 nach dem Prozess gegen Nazi-Ärzte, die grausame medizinische Experimente an Gefangenen in Konzentrationslagern durchgeführt hatten, verkündet worden war. Der Nürnberger Kodex verbietet jeden Versuch, jemanden ohne seine ausdrückliche und informierte Zustimmung zur Teilnahme an einem medizinischen Experiment zu zwingen. Niemand, der sich mit den COVID-Impfstoffen impfen ließ, wurde über die damit verbundenen Risiken aufgeklärt, so dass niemand in der Lage war, in Kenntnis der Sachlage seine “informierte Zustimmung” zu geben. Die gesamte Einführung des COVID-Impfstoffs war ein Verstoß gegen den Nürnberger Kodex. Das Problem der COVID-Impfstoffe ist ein klarer Subtext für die Verfilmung von “The Zone of Interest”.

Es gibt keine genauen Zahlen über die Anzahl der Menschen, die weltweit an den Folgen der COVID-Impfstoffe gestorben sind, denn die relevanten Daten wurden den Experten, die in der Lage wären, solche Zahlen zu erstellen, absichtlich vorenthalten. Aber ich habe Schätzungen zwischen sechs und siebzehn Millionen gesehen, was erstaunlicherweise die Spanne der Berechnungen für die Gesamtzahl der von den Nazis im Holocaust ermordeten Menschen widerspiegelt (die Spanne hängt davon ab, wie viele Nichtjuden und Juden in die Berechnung der Opfer einbezogen werden).

Mir scheint, dass “The Zone of Interest” ein Film über Menschen ist, die die Schrecken auf der anderen Seite einer Mauer nicht bemerken, gemacht von Menschen, denen die Schrecken auf der anderen Seite ihrer Mauer nicht augefallen zu sein scheinen.

Es gibt viele auffällige Parallelen zwischen der Behandlung der Juden durch die Nazis und dem, was während COVID geschah, nicht zuletzt die Ausgrenzung der Juden aus der deutschen Gesellschaft in den 1930er Jahren, die mit der Ausgrenzung ungeimpfter Menschen aus der Gesellschaft während der Einführung des Impfstoffs im Jahr 2021-2 verglichen werden kann, und die Charakterisierung der Juden als “Virus”, der aus der deutschen Gesellschaft ausgerottet werden musste und der als Vorwand für die Einsperrung der Juden in Ghettos und Konzentrationslager diente. Über diese Parallelen habe ich schon früher geschrieben und werde dies auch jetzt wieder tun. Was hier relevant ist, ist die Ähnlichkeit zwischen der Haltung der deutschen Mittelschicht (wie der Hösses) und dem Verhalten der Mittelschicht in westlichen Ländern während der COVID-Panik.

Das ist ein Thema, das Glazer (ohne sich auf COVID zu beziehen) durchaus angesprochen hat. Als er sagte, sein Film sei als “Warnung” gedacht, wollte er darauf hinweisen, dass wir uns gar nicht so sehr von diesen Menschen unterscheiden und dass wir – unter den passenden Umständen – durchaus in der Lage sind, uns so zu verhalten, wie sie es in den 1930er und 1940er Jahren gegenüber den Juden getan haben. Das ist zwar nicht neu, aber Glazers Genialität besteht darin, dass er diesen Punkt durch das Medium des dramatischen Films vermittelt.

Was Glazer nicht bemerkt hat – oder zumindest nicht öffentlich erwähnt hat – ist, dass diese “passenden Umstände” seit der Umsetzung des COVID-Schreckens im Jahr 2020 sehr deutlich zu Tage getreten sind, und dass sich die Menschen der Mittelklasse in der Tat genauso verhalten haben wie die Deutschen unter dem Naziregime, und zwar aus denselben Gründen: weil sie ihren sozialen Status und die Anerkennung ihrer Mitmenschen und ihre Einbindung in das System höher gewichtet haben als die Wahrung der Freiheit oder der Menschenrechte oder sogar von Menschenleben.

Wie in Nazideutschland hat sich die Mehrheit der Bevölkerung von den Medien und der staatlichen Propaganda einreden lassen, dass es irgendwie moralisch richtig sei, die Abschaffung der Menschenrechte und die grobe Perversion der medizinischen Ethik zu dulden und wegzuschauen, wenn Millionen von Menschen getötet (oder ermordet) und verstümmelt werden – und das alles mit der gleichen Begründung, die die Nazis 80-90 Jahre zuvor vorgebracht hatten, nämlich der Ausrottung eines “Virus”, der angeblich die Grundlagen der Gesellschaft zu untergraben drohte. Genau wie in Nazi-Deutschland hat die Masse der Öffentlichkeit bei der Umwandlung einer liberalen Demokratie in eine faschistische totalitäre Technokratie stillschweigend zugestimmt.

“The Zone of Interest” ist weniger eine Warnung als vielmehr eine Parabel oder Allegorie – eine andere Sichtweise auf das, was gerade passiert.

Es überrascht nicht, dass viele Juden eine starke Meinung über die filmische Verarbeitung des Holocausts haben. Ich kenne einige, die den bahnbrechenden Film „Schindlers Liste“ nicht gutheißen, weil sie ihn für “zu weichgespült” oder “zu viel Hollywood” oder sogar “zu christlich” halten. Ich frage mich, ob manche “The Zone of Interest” nicht mögen, weil sie unterbewusst verstehen, was der Film uns sagen will, und das ein Punkt ist, den sie einfach nicht wahrhaben wollen. Es würde ihr gesamtes Weltbild untergraben, weshalb sie einen Grund erfinden, ihn nicht zu mögen.

Es wird oft gesagt, dass die Menschen, die sich auf das COVID-Narrativ eingelassen haben, dies nicht aufgrund der Vernunft, sondern aufgrund von Emotionen getan haben, und dass sie, weil sie nicht mit der Vernunft in ihre Position hineingeführt wurden, auch nicht mit der Vernunft aus dieser Position herausgebracht werden können: Sie können nur durch ihre Emotionen erreicht werden. “The Zone of Interest” ist ein kraftvoller Film, der die nötige emotionale Reaktion auslöst, um die Menschen wachzurütteln für das, was heute in der Welt geschieht. Jeder sollte ihn sehen.

Übersetzung aus dem Englischen von Uwe Alschner

 


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Gudrun Apelt
Gudrun Apelt
22 Tage zuvor

Eine sehr gute, umfangreiche und allumfassende Auseinandersetzung mit der Problematik im Film. Deshalb
und wegen der schauspielerischen Leistungen werde ich mir den Film ansehen und auf jeden Fall weiterem-
pfehlen. Danke auch für die gute Übersetzung durch Herrn Alschner! Mit freundlichen Grüßen G. Apelt